Warum dieser Versuch?
Weil es jetzt, 75 Jahre nach dem Ende dieses Krieges, eine veränderte Situation zu geben scheint. Das Stolzverbot soll fallen, heißt es von Seiten der Neuen Rechten, weil der Krieg, das Dritte Reich, ja selbst Auschwitz »in die Geschichte eingegangen« seien. Wir hätten genug gebüßt und bereut, aufgearbeitet und bewältigt, und darum reiche es jetzt mit Scham, Schuld und den Bitten um Vergebung.
Die erinnerungspolitische Forderung nach einem neuen deutschen Stolz wird vielerorts reflexartig zurückgewiesen. In diesem Buch liegt der Zurückweisung allerdings keine moralische Empörung zugrunde. Der biographische Bericht über das Soldatenleben des Vaters führt vielmehr die Unsinnigkeit dieser Forderung vor Augen. Etwas anderes tritt dabei in den Vordergrund: nicht der Beitrag des Vaters zum Zweiten Weltkrieg, sondern dessen Verzicht auf jeglichen Stolz. Und die Dankbarkeit dafür, dass »der Russe« ihm das Leben geschenkt hat und man es seiner schuldhaften Generation zutraute, nach 1945 ein ganz anderes Deutschland aufzubauen als jenes, mit dessen Endsieg der ehemalige Führer sie 1939 beauftragt hatte.
Der autobiographische Blick zurück auf eine Generation, die in der Anerkennungskultur der 68er den letzten Platz belegt, ist auch der Versuch einer Rehabilitation. Was durch die angebliche »Unfähigkeit zu trauern« dieser Generation feststand, nämlich in der »Verdrängung der Schuld« ein kollektives Versagen bewiesen zu haben, soll mit diesem Buch in Frage gestellt werden. Wir können von den Überlebenden des Krieges lernen, mit Schuld zu leben, ohne sie zu leugnen, und das vielleicht bestmögliche daraus zu machen: Verantwortung aus Freiheit zu gewinnen.
Pressestimmen
»Der Gewinn der Reflexion liegt in ihrer Unvoreingenommenheit. Wagner entwickelt seine Meinung beim Nachdenken, er bringt sie nicht schon mit.«
(Kai Spanke, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 08.01.2021)
»Spannend ist Wagners Nachdenken über die von den Kriegsheimkehrern geleistete ›leise‹ Abkehr von moralischen und politischen Absolutheiten.«
(Klaus Beckmann, evangelische aspekte, Februar 2021)